Im
ersten Viertel des 21. Jhs., sterben die letzten Personen aus, die sich noch
erinnern und über das authentische westernisierte Sanct-Petersbourg vor
dem Bolschewikenumsturz von 1917 erzählen können. Das Geburtsjahr 1912
ist eine natürliche Grenze des Gedächtnisses (normalerweise reicht das
Erinnerungsvermögen bis zum 5. Lebensjahr zurück). Dies heißt, dass ein
noch lebender Zeuge der Vergangenheit gemäß den folgenden Kriterien
gefunden werden sollte:
1) nicht später geboren als 1912, d.h. er muss über hundert Jahre alt sein;
2) er muss von echten Petersbourgern abstammen, d.h. von Repräsentanten
der lokalen verwestlichten Kultur;
3) er muss in Sanct-Petersbourg aufgewachsen sein seit seiner Geburt bis
Oktober 1917;
4) er muss einen intakten Verstand haben, nicht in Mitleidenschaft gezogen
durch Arteriosklerose.
Sicher IST ES NICHT MÖGLICH, AUCH NUR 1 SOLCHE
PERSON im heutigen Leningrad (dies ist sein wirklicher Name) nach mehr
als Jahrhundert des Wütens fremder Kultur, des Hungerns, des Völkermords
und der politischen Umsiedlungen zu finden.
Es ist auch schwierig zu hoffen, dort mehr als 10 Nachkommen solcher
Personen zu finden, die etwas über das europäische Leben und die Kultur
ihrer Eltern erzählen könnten.
Ein wenig mehr Wahrscheinlichkeit besteht, solche Personen im Westen zu
finden, obgleich sie dort Sanct-Petersbourg in ihrer Erinnerung meist mit
einem "nicht-verdorbenem Russland" verknüpfen. Als die Zerstörer
träumt man einige mythologische Bolschewiken, so als ob diese vom Mond
herabgefallen und nicht irgendwelche authentischen ethnischen Russen
gewesen wären. Selbst wenn man verstanden hat, dass die Bolschewiken
nicht irgendwelche fremden Eindringlinge waren, versucht man, sie als eine
kulturell und ethnisch fremde Kraft darzustellen - "die Juden".
Dies ist nichts anderes als einer der alten antisemitischen Mythen. Daher
glaubt man an die "Wiederauferstehung von Russland".
Tatsächlich ist Russland 1917 authentisch wiederauferstanden, als es das
ausländische Joch von Sanct-Petersbourg und seinen westeuropäischen
Standards abwarf. Es besteht wenig Hoffnung, dass die eine oder andere
dieser wenigen Personen (die über 100 sind) oder ihre Nachkommen im Westen
den Mut und die Klugheit haben würden zuzugeben, dass ihre Stadt
Sanct-Petersbourg eine westliche Metropole, nicht irgendeine Hauptstadt
von Russland war, aber dass es genau Russland war, das Sanct-Petersbourg
vernichtete, und keine Bolschewiken vom Mond, noch irgendwelche
"Weisen von Zion".
Dennoch muss man versuchen, Zeugen der Vergangenheit
zu sammeln, so viele wie möglich, weil sie in der Lage sind, Tatsachen
durch ihr eigenes Zeugnis zu bestätigen, trotz der verfälschten
historischen Sichtweise.
Einige typische verwestlichte Mittelschicht-Familien von Petersbourgern,
beschrieben hier an diesem Ort, sind mehr oder weniger mit der Wohnung
Konjuschennaja-Str. 2 im historischen Stadtkern verknüpft. Schon mehr als
100
Jahre lang steht der Name des Eigentümers dieser Wohnung auf dem Türschild
dort am Eingang. Obgleich die Wohnung in 2 kommunale
Wohnheime unterteilt worden ist, leben die Nachkommen des
Familienvaters noch dort. Wenn möglich, muss man versuchen, mehr solche Fälle
im historischen Zentrum zu finden, obgleich dieses ein hoffnungsloses
Unterfangen zu sein scheint. Solch eine letzte Wohnung sollte nicht Beute
fremder "neuer Russen" werden, indem nach einer Reparatur die
früheren Bewohner in die Vororte ausgesiedelt werden, wie es seit
sowjetischen Zeiten Praxis geworden ist.
Eine solche Wohnung müsste in ein Museum
der Petersbourger Mittelschicht umgewandelt werden. Man sollte dort
soviel wie möglich authentisches Material zusammentragen, damit das
Museum der Welt die Wahrheit bezeugen kann darüber, dass einst ein europäisches
Sanct-Petersbourg existiert hat und seine Bürger Europäer gewesen sind.
Es versteht sich von selbst, dass ein solches Museum nur auf private
Initiative hin und mit privaten Mitteln eingerichtet werden kann, unabhängig
vom Staat, um vor jeglicher ideologisierter Unwahrheit bewahrt zu bleiben. |