URBEWOHNER

 Inkeris                        Woten                    Finnen

Territorium von Ingria im weitesten Sinn erstreckt sich vom Fluss Narva an der Grenze zu Estland bis zum Ladogasee, und umschließt Gebiete nördlich und südlich des Flusses Neva, d.h. ca. 200 km von Westen nach Osten, und ca. 130 km von Norden nach Süden, das entspricht insgesamt einer Fläche von 15000 km². Die Ureinwohner dieses Landes sind Finno-Ugrier, Inkeris und Woten, keine Slawen. Örtliche Finnen können ebenfalls zu den Ureinwohnern gerechnet werden, wegen ihrer ethnischen Nähe zu den Inkeris und zu den Woten, und weil sie in Ingria seit dem XVII Jh. leben, seit sie dort von den Schweden angesiedelt wurden. Alle Urbewohner können mit dem gemeinsamen Namen Ingrier bezeichnet werden.
Während der bolschewistischen Periode erlitten alle Ingrians unter
ethnischen Säuberungen bzw. wurden Opfer des Völkermords. Heute gibt es fast keine Ureinwohner mehr. Ihre vereinzelt Übriggebliebenen verschwinden schnell, und neue ethnisch russische Kolonisten haben nicht die geringste Ahnung, dass dieses Land nie ethnisch russisch war. Heute ist dieses auch im Westen nicht mehr bekannt wegen der patriotischen russischen Propaganda.

Während "Ingrian" einen Einwohner von Ingria im allgemeinen bezeichnen mag, wird eine exaktere Unterscheidung bezüglich der Völker getroffen. Es sind die finnischen Wörter inkeroinen und inkerikko, welche die Inkeris bezeichnen, aber das Wort inkeriläinen meint insbesondere die ingrischen Finnen. Das Äquivalent des Inkeri auf Russisch ist Ischoretz und Ischora, aber des inkerischen Finnen – Ingermanlandskij Finn oder, entsprechend der Region, Leningradskij Finn. Die Bezeichnung geht auf den Fluss Inkere (im Russischen: Ischora) zurück, der vermutlich seinen Namen dem ganzen Land gegeben hat. Andere Bewohner des historischen Ingrias sind die Woten (russisch: Woschane). 

Hier im Text wird der Name Ingrier auf alle Urbewohner von Ingria angewandt, während die "Ischorians" als Inkeris und die lokalen Finnen als ingrische Finnen bezeichnet werden. Selbstverständlich muss man bedenken, dass in der finnischen Sprache selbst – das Wort Inkeri Ingermanland bedeutet und deshalb solch ein Unterschied im Finnischen nicht gemacht werden kann (dafür werden die Wörter inkeroinen und inkerikko im Gegensatz zu inkeriläinen verwendet, vgl. oben). Im allgemeinen sind die Finnen keine Inkeris, ja sogar nicht einmal Ingrier, wenn man dieses Wort aus dem Finnischen übersetzt. Aber die Finnen von Ingermanland sind Ingrier als örtliche Bewohner von Ingermanland (inkeriläiset), nicht ethnische Ingrier von Ingermanland, für welche die ursprüngliche Bezeichnung Inkeri reserviert bleiben muss. Daher müssen die Finnen von Ingermanland ingrische Finnen genannt werden, nicht Inkeris.

Gemäß den historischen Daten (siehe unten), waren die Inkeris und die Woten die ältest- bekannten Bewohner von Ingria. Nachdem Rurik den ersten Staat in Nowgorod aus örtlichen Finno-Ugriern, normannischen und russischen Elementen gegründet hatte, dehnte er seinen Einfluss auf alle ingrischen Stämme aus bis hin zum Finnischen Golf, zum Reich der Wikinger und Warjagen. So wurden die Ingrier zu militärischer Untertanentreue gezwungen – von 1270 existieren Aufzeichnungen über Inkeris als reguläre Soldaten in der Nowgorod Armee. Tragisch dass, als einige ausländische Mächte um die Kontrolle über Ingria kämpften, die baltisch-finnischen Stämme gezwungen wurden, gegeneinander vorzugehen. Die Esten stellten einen großen Teil der teutonischen Armee dar, die Finnen befanden sich in den Reihen der schwedischen Truppen, und Nowgorod hatte viele Woten und Inkeris in seiner Armee.

Der Name Ingria, der das Territorium der Inkeris bezeichnet, welches an das wotische Watland grenzte, stammt aus dem 12. Jh. Später war Ingria größer, und erstreckte sich vom Fluss Narva bis zu den Ufern des Ladogasees. Durch die Jahrhunderte fanden auf diesem Territorium zahlreiche Kriege statt. Heftige Schlachten tobten zwischen Schweden und Russland wegen der römisch-katholischen und russisch orthodoxen Missionararbeit, ein Ende gab es erst nach den Pähkinäsaari- (russisch Oreshek) und Tartu-Friedensverträgen von 1323 bzw. 1351. Die wichtigsten karelischen Gebiete blieben unter schwedischer Herrschaft, obwohl Ingria an Russland übergeben wurde. 

Moskau eroberte 1478 die Republik von Nowgorod. Die neuen Herrscher bemühten sich, die neuen Gebiete mit dem Moskauer Großfürstentum zusammenzufügen. 1484 und 1488 wurden viele Woten und Inkeris nach Russland deportiert. Man ersetzte sie durch russische Kolonisten. Vom 16. Jh. an wurde der Verbreitung der russischen Orthodoxie besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Gleichzeitig verbreiteten sich die russischen Namen.

Gemäß dem Stolbowo Friedensvertrag von 1617, wurde Ingria (Ingermanland) dem Königreich von Schweden einverleibt. Viele orthodoxe Bewohner dieses Gebietes waren schon früher tiefer nach Russland eingewandert, aber nach dem Stolbowo Vertrag waren noch viel mehr gezwungen, eine ähnliche Maßnahme zu ergreifen.

Schwedische Gesetze wurden in Ingermanland eingeführt, um die neue Provinz sicherer an sein Mutterland zu binden. Die Orthodoxen wurden verpflichtet, lutherische Dienstleistungen zu erledigen, während den Konvertierten Geld und Steuerabzüge versprochen wurden. Diese Angebote waren nicht sehr erfolgreich. Die lutherischen (Kirchen-)Gemeinden wuchsen weiterhin hauptsächlich wegen eines Zustroms von Neuankömmlingen aus Finnland. Ingermanland war eine Domäne von Adligen und hohen Staatsbeamten. Ihre Bediensteten und Arbeiter wurden aus Finnland rekrutiert und viele Bauern ließen sich freiwillig nieder.
Ingermanland wurde auch von Schweden als Verbannungsgebiet genutzt. Eine Aufzeichnung von einem Viipuri Grundeigentümer existiert, der sich bei der Regierung beschwerte, dass zu viele Leute sich in Ingermanland niederlassen. 1641 wurde eine gesonderte ingrische Diözese gebildet, die im Jahr 1655 bereits 58 lutherische Kirchengemeinden umfasste, mit 36 Kirchen und 42 Pastoren. Ein weiterer Gesichtspunkt hatte zum Ziel, die Woten und Inkeris sowohl finnisch wie auch zu Lutheranern zu machen. 

Als Resultat des großen Nordischen Krieges, wurde Ingermanland erneut ein Teil von Russland (de facto – 1703, de jure – 1721). Außer dem verursachten Schaden und dem Leid (zu dieser Zeit wurden die Leute nach Kasan verbannt), hatte der Krieg ein Ereignis von beträchtlich größerer Signifikanz zur Folge – die Gründung der Stadt Sanct-Petersbourg, mitten im baltisch-finnischen Gebiet, an der Stelle des ehemaligen Nyen (Neevanlinna). 1704 wurden Bauern zu Sklaven gemacht und 1710 wurde Ingermanland eine Provinz von Sanct-Petersbourg. Lokale Ortsbezeichnungen wurden ins Russische übersetzt oder der russischen Aussprache angepasst. Obgleich die russischen Versionen die offiziellen waren, sind die ursprünglichen Ortsnamen bis zum heutigen Tag noch in Gebrauch.

Die Nähe der Hauptstadt bedeutete, dass auch ein Teil von Ingermanland als Besitztum an Höflinge und Günstlinge verteilt wurde.

Je mehr sich die neue russische Kapitale entwickelte, umso mehr Arbeiter, Bedienstete, Sekretäre usw. benötigte sie. Dieses implizierte einen Zufluss von Tausenden von Russen in Ingermanland und die Vermischung der Völker unterschiedlicher Nationalitäten innerhalb einer russischen Umgebung.

Die Ingrier fanden Beschäftigungsmöglichkeiten und wurden bekannt als Händler, Großhändler und Taxifahrer. Für Bauern war die Stadt ein guter Markt, wo Vieh, Gemüse und Handwerksprodukte umgesetzt wurden.

1861 wurde die Leibeigenschaft abgeschafft und mit der neuen Bewegungsfreiheit begann sich die russische Sprache zu verbreiten (besonders unter den Männern). Daneben waren die russischen Schulen und die russische Orthodoxie die Hauptfaktoren, welche die Inkeris mit dem russischen kulturellen Spektrum vereinigen. Von diesen drei Einflüssen war die Orthodoxie der wichtigste, da sich ihr Einfluss auf alle Bereiche des Lebens erstreckte.

In den ersten Jahren der Sowjetmacht zeigte sich die Politik den nationalen Kulturen günstig gesonnen, obgleich mit einer klaren Tendenz, die Kultur zu ideologisieren und sie "proletarisch" zu machen. Mit der Kollektivierung wurde der Besitz der besten Bauern konfisziert, während sie selbst entweder nach Sibirien oder nach Zentralasien verbannt wurden. Die Bolschewiken schimpften heftig gegen Privateigentum und Reichtum, aber ihre militanten Atheisten kämpften gegen die Kirche und ihre Anhänger. Solches spielte sich in der gesamten UdSSR ab. Der aggressive und repressive Charakter des ideologisierten Sowjetstaates verursachte blutigen Terror und Weisungen der Behörden an die Innere Polizei (N.K.V.D.), einen Plan zu verfolgen, der die Exterminierung von potenziellen und vorstellbaren Feinden zum Inhalt hatte. Das wurde ein Nährboden, um die billige Arbeitskraft der Gefangenen in Sklavenarbeit umzufunktionieren und half, ethnische Säuberungen durchzuführen, noch bevor Hitler anfing, dasselbe zu tun.

1942-1943 wurden die Inkeris und die Woten nach Finnland evakuiert. Dieses wurde ihnen von deutschen Besatzungsmächten erlaubt. 63227 ingrische Flüchtlinge, einschließlich den Inkeris, Woten und ingrischen Finnen, hatten bis zum 31. Oktober 1944 das Land in Richtung Finnland verlassen. Am Ende des Krieges war die Sowjetunion bemüht, sie zurückzufordern. Finnland musste sie nach dem Waffenstillstand an die Sowjetunion zurückgeben. 55773 Ingrier kamen an und wurden in die Regionen Nowgorod, Kalinin, Wologda, Jaroslawl und Swerdlowsk transportiert. Einige Jahre nach dem Krieg wurden sogar Kinder ingrischer Abstammung, die von finnischen Familien adoptiert worden waren, von der Sowjetunion zurückgefordert. Als nach 1956 denen, die überlebten, endlich erlaubt wurde, nach Hause zurückzukehren, fanden sie ihre Häuser durch die russischen Kolonisten besetzt, die zwischenzeitlich dort angesiedelt worden waren.

Inkeris  

Die verwendeten Eigenbezeichnungen lauten: inkeroine, ischora, ischoralaine wie auch karjalain 'Karelier' und maaväki ' Landbevölkerung, d.h. die ingrischen Leute'. Die Sprache ist bekannt als ischoran keeli (oder maakeeli 'Sprache des Landes'). Die Inkeris stammen von den karelischen Stämmen ab und benutzen sogar bis zum heutigen Tag manchmal die Selbstbezeichnung karjalain. Das ingrische Territorium hat seinen Namen vom südlichen Nebenfluss der Neva, der Inkere, erhalten, und laut einigen Theorien hat der Inkeri-Stamm seine Ursprünge in der Senke der Inkere. Die Namen ischora-ischoralaine und das estnische Wort isur stammen von der russischen Variante des Flussnamens. Wie die Esten und Woten haben auch die Inkeris, wenn die Gelegenheit war, auf sich selbst Bezug genommen als 'Landbevölkerung' (maaväki). 

In schriftlichen Aufzeichnungen finden die Inkeris vom 12. Jh. an Erwähnung. In einer der Bullen des Papst Alexander III (ca. 1181-1195) wurden in Hinzufügung zu den Kareliern, Lappen und Woten auch "die Heiden von Ingria" unter denen erwähnt, welchen es verboten war, Waffen zu verkaufen. 

Die Inkeris leben im westlichen Teil der Sanct-Petersbourg Region, im Gebiet zwischen den Flüssen Neva und Narva. Im Bezirk Kingissepp leben sie auf den Kurkova (Kurgolowo) und Soikkola (Soikino)-Halbinseln, im Bezirk Oranienbaum (sowjetisch: Lomonosow) leben sie auf dem Ischorian-Plateau in der Nachbarschaft des Flusses Chevacha (Kowasch). Eine inkerische linguistische Enklave lag auch im Bezirk Gatchina, in der Umgegend des Flusses Oredesch, ungefähr 100 km südlich von Leningrad. Einige Spuren davon (z. B. im Dorf Nowinka) waren bis in die 60er Jahre erhalten.

Die Entwicklung des Lebensraums der Inkeris wurde stark von den benachbarten Völkern beeinflusst. Die Inkeris zogen von ihrem ursprünglichen Lebensraum an der Neva weiter nach Westen bis spätestens zum 17. Jh. (das geschah teils als Resultat des Drucks seitens der russischen Siedler). Die Region des Oredesch-Dialekts entstand in Zusammenhang mit der Migration nach dem Friedensvertrag von Stolbowo 1617.

1848 lebten die Inkeris in 222 Dörfern, diese Zahl war 1926 etwa dieselbe. 1964 notierte A. Laanest nur 22 Inkeri Dörfer, einschließlich 4 wotisch-inkerischen und 2 finnisch-inkerischen Mischdörfern. 1989 war die Situation fast dieselbe, z.B. bildeten in 15 Dörfern auf der Soikkola-Halbinsel die Inkeris die Majorität, oder machten zumindest einen bedeutenden Anteil aus.

Datenmaterial bezüglich der Bevölkerung der Inkeris ist seit Mitte des 19. Jhs. verfügbar:

Es gab 1848 - 17800 Muttersprachler, 1897 - 21700; 1926 - 26137, aber 1959 nur noch 1062

1897 – 21700 (Zählung)
1926 – 26137
1939?
1959 – 1062 (34,7 % Muttersprachler)
1970 – 781 (26,6 % Muttersprachler)
1979 – 748 (32,6 % Muttersprachler)
1989 – 820 (36,8 % Muttersprachler)

Die Inkeris sind nie besonders zahlreich gewesen, dennoch stieg ihre Anzahl ständig an bis in die dreißiger Jahre. Spätere Massenrepressionen und -verfolgungen verringerten die Zahl der Inkeris drastisch.

Es sollte darauf hingewiesen werden, dass die Nachkriegszählungen nicht ganz exakt sind. Um zu überleben, trugen sich die Inkeris als Russen (auch als Esten oder Finnen) ein und so war die aktuelle Zahl Inkeris und Inkeri-Muttersprachler ein wenig größer als in den amtlichen Daten aufgeführt.

Anthropologisch gehören die Inkeris dem ost-baltischen Typus an. Im Aussehen unterscheiden sich die Inkeris nicht von den Woten oder den Finnen, deshalb weil sie gewöhnlich helles Haar und blaue Augen haben.

Sprache. 
Die Inkeri-Sprache gehört zu der nördlichen Gruppe der baltisch-finnischen Sprachen. Ihre nächst-verwandten Sprachen sind Karelisch und die östlichen Dialekte des Finnischen. Einst bildeten die Vorfahren dieser Völker einen alten karelischen Stamm, in dem im allgemeinen mehr oder weniger karelisch gesprochen wurde. Die Trennung war vermutlich bis spätestens zum 11. Jahrhundert aufgetreten und bis zum 17. Jahrhundert hatte die Inkeri-Sprache ihr gegenwärtiges Ausbreitungsgebiet erreicht. Auf der Grundlage des Wohnsitzes wird die Inkeri-Sprache in 4 Dialekte eingeteilt: die Unter-Luga und Soikkola Dialekte, die in der westlichen Kante von Ingermanland gesprochen werden, der Cheva-Dialekt auf dem Ischorian Plateau, und der Oredesch oder Ober-Luga Dialekt, der nahe dem Fluss Oredesch gesprochen wurde. Der Oredesch-Dialekt ist jetzt ausgestorben.

Finnische Linguisten betrachten Inkerisch nicht als separate Sprache, sie sehen sie als östlichen Dialekt von Finnisch an, wie auch die Dialekte der ingrischen Finnen. Estnische Linguisten (P. Ariste, A. Laanest) sind hingegen der Meinung, es sei eine separate Sprache, sie behaupten, der Dialekt habe sich aus der alten karelischen Sprache entwickelt und die Inkeris seien die ursprünglichen Einwohner des Landes, nicht spätere Immigranten. Die gleiche Meinung äußerte V. Porkka (1885, Über den Ingrischen Dialekt). 

Gemäß ihrem Ursprung hängt die Inkeri-Sprache nah mit den ostfinnischen Dialekten zusammen. Es hat auch zahlreiche Kontakte mit den benachbarten Woten und Finnen gegeben, die begonnen hatten, im 17. Jh. vom Südosten Finnlands anzukommen. Diese Kontakte hatten wechselseitige Einflüsse zur Folge. Im West-Ingermanland (Unter-Luga, Soikkola) hat die wotische Sprache Inkerisch und Finnisch beeinflusst (ausnehmend den entfernteren Oredesch Dialekt) und in der Umgebung des Flusses Chevacha gibt es einen erkennbaren inkerischen Einfluss in der wotischen Sprache.

Obgleich die ersten Kontakte mit Russland im 13. Jh. geknüpft wurden, hielt die Tatsache, dass einige verwandte Sprachen (Inkerisch, Wotisch, Estnisch, Finnisch) in der Region benutzt wurden, den Einfluss des Russischen unter Kontrolle. Er geschah erst bei den brutalen Unterdrückungen und der Russifizierungs-Kampagne der dreißiger Jahre, dass der inkerische Widerstand gebrochen wurde, und die russische Sprache vorherrschend wurde. Zusätzlich zu den zahlreichen Lehnwörtern sind Phonetik und Grammatik der inkerischen Sprache auch erheblich von Russisch beeinflusst worden.

Geschichte.
Die Vorfahren der Inkeris hatten sich von den karelischen Stämmen bis zum 11. Jh. getrennt und zogen vom Isthmus von Karelien und den Ufern des Ladogasees südwärts. Die ältesten archäologischen Funde stammen aus dem 11. und 12. Jahrhundert, vom Gebiet zwischen Gatchina und Olhava (Wolchow). In schriftlichen Aufzeichnungen des 12. Jahrhunderts wird, neben Watland Ingria im Zusammenhang mit seiner Unterjochung durch Nowgorod erwähnt. Die Inkeris wurden einer Besteuerung durch die Feudalrepublik unterworfen, und sie wurden auch zu militärischer Loyalität gezwungen – Aufzeichnungen über Inkeris als reguläre Soldaten der Nowgorod-Armee existieren seit 1270
.

Nach dem Pähkinäsaare (Oreschek)-Friedensvertrag zwischen den Russen und den Schweden von 1323, verminderte sich der Kontakt der Inkeris mit den verwandten Stämmen. Das wiederum beeinflusste die Entwicklung der inkerischen Sprache. Jedoch war die Situation an der schwedisch-russischen Grenze, wo die Region lag, welche die Inkeris bewohnten, nicht sicher und die Inkeris wanderte vom Isthmus von Karelien ab – zu den Gegenden westlich der Narva und weiter südwärts, dem Fluss Oredesch entlang. Nachdem Moskau die Republik von Nowgorod erobert hatte und viele Woten und Inkeris 1484 und 1488 nach Russland verbannt worden waren, kamen an deren Stelle die russischen Kolonisten. Vom 16. Jahrhundert an wurde besondere Aufmerksamkeit auf die Verbreitung der russischen Orthodoxie gelegt. Von dieser Zeit an begannen die Inkeris, die russischen Namen zu verwenden, die man ihnen gab, als sie sich dem orthodoxen Glauben zuwandten. Jedoch passten die Inkeris gewöhnlich die Namen den Regeln ihrer eigenen Sprache an.

Nach dem Stolbowo-Friedensvertrag von 1617 wurde Ingermanland in das Königreich von Schweden wiedereingegliedert, die Inkeris und Woten wurden gezwungen, nach Russland abzuwandern. Landarbeiter aus dem Gebiet von Savo und Vyborg (Viipuri) siedelten sich – entweder freiwillig oder gezwungen – in den fast leeren Gegenden (Savakot und Äyrämöiset) an. Es gab keine Assimilation wegen der religiösen Unterschiede: die Woten und die Inkeris waren im Allgemeinen orthodox , während die ingrischen Finnen Lutheraner waren. 

Im großen Nordischen Krieg vereinigte Peter der Große Ingermanland ein weiteres Mal mit Russland. 1704 wurden die Bauern zu Leibeigenen gemacht und 1710 wurde Ingermanland eine Provinz von Sanct-Petersbourg. Lokale Ortsnamen übersetzte man ins Russische oder passte sie der russischen Aussprache an (Sutela - Wolkowo, Kotko - Orly, Soikkola - Soikino, Kukkusi - Kurowitzy usw.).

In den ersten Jahren der Sowjetmacht hegten die Inkeris die Hoffnung, dass ihre Verfolgung zu einem Ende kommen würde. Und tatsächlich erhielt die anfangs unternehmungslustige Einstellung der Inkeris Aufschwung: die Ausbildung wurde verbessert, eine inkerische Schriftsprache geschaffen und Bücher darin veröffentlicht. Leider war dieses nur ein oberflächliches Phänomen. Die Kollektivierung kam und der Besitz der wohlhabenderen Bauern wurde konfisziert, während sie selbst entweder nach Sibirien oder nach Zentralasien deportiert wurden. Die Bolschewiken schimpften heftig gegen Privateigentum und Reichtum und militante Atheisten kämpften gegen die Kirche und ihre Anhänger. 1937 schlossen russische Chauvinisten Inkeri- Schulen und dergleichen, ein Signal für das Ende des kulturellen und sozialen Lebens der Inkeris.

1942-1943 wurden die Inkeris und Woten nach Finnland evakuiert. Nachdem der Krieg beendet war, bemühte sich die Sowjetunion sie zurückzufordern und sie wurden in die Regionen von Nowgorod, Kalinin, Wologda und Jaroslawl verbannt. Als ihnen nach 1956 endlich erlaubt war, nach Hause zurückzukehren (wo russische Kolonisten sich mittlerweile niedergelassen hatten), waren nur noch 1062 Inkeris übrig geblieben. Physische Ausrottung und Russifizierung hatten ihren Zweck erzielt: die Nachkriegsgenerationen der Inkeris haben kein Wissen mehr von ihrer ursprünglichen Muttersprache.

Ethnische Kultur. 
Die Inkeris haben immer Land kultiviert und sind Seefahrer und Fischer gewesen. Ihr Land war nicht fruchtbar, so war es erforderlich zu jagen und zu fischen. Später nahmen Handel, Handwerk und Migrantenarbeit an Bedeutung zu. Ostingria war immer eine wichtige Region für Verkehr und Transit-Handel. Die Inkeris, die an den Flussufern der Neva lebten, hatten seit dem 12.-13. Jh. Güter umgeladen und Warensendungen befördert.

Wie bei den Russen gehörte der Boden in Ingermanland Dorfgemeinschaften. Er wurde, entsprechend der Zahl der Familien oder Männer, in Parzellen aufgeteilt. Da nicht genügend Land zur Verfügung stand, waren die Leute gezwungen, ihren Lebensunterhalt durch Handwerk und gelegentliche Jobs zu verdienen. In den Küstendörfern beschäftigten sich die Inkeris zwischen den Fischfangsaisons mit Zimmermannsarbeiten, während die Inkeris von Toldoga und von Kargal als Schmiede und Eisengießer bekannt waren und die ostinkerischen Dörfer sich durch ihre Webkunst einen Namen machten. Im ganzen gesehen ähnelte das Leben innerhalb der Inkeri-Dörfer dem in den russischen Dörfern bis Anfang des 19. Jhs.

Literarische Bildung.
In den dreißiger Jahren wurde die Schriftsprache, die auf dem lateinischen Alphabet basierte, für die Inkeris geschaffen. In ihren Schulen in Westingermanland war es möglich, eine Primärausbildung in der Muttersprache zu erhalten. Zwischen 1932 und 1937 wurden 25 Lehrbücher in Inkerisch veröffentlicht (z.B. V. Junus. Ischoran keelen grammatikka. Morfologia. Opetajaijaa vart. 1936; V. Junus, N. Iljin. Inkeroisin (ischoran) keelen oppikirja alkushkouluja vart. 1936). Leider wurden 1937 die inkerische Schriftsprache, ihre muttersprachlichen Schulen, die Lehrbücher und sogar die Lehrer liquidiert
.

Woten  

Selbstbezeichnung
Ihre Selbstbezeichnungen sind vadjalain ~vaddalain, vadjakko – 'Wote', maaväči – 'Wotische Leute', und sie nennen ihre Sprache vadyaa čeeli - maa čeeli.

In schriftlichen Aufzeichnungen wurden die Woten erstmals im 11. Jh. erwähnt. In einem Auftrag des Großfürsten Jaroslaw von Nowgorod (978-1054) im Zusammenhang mit Straßen und Brücken, sind die Namen Wod' und Wotschkaja Oblast zu finden, die für die nordöstlichen Woten und ihren Lebensraum zutreffen. Die südlichen und nordwestlichen Stämme der Woten, wie alle baltisch-finnischen Völker früher, wurden von den Russen Tshud' genannt. Im Mittelalter war in Alt-Livland die Bezeichnung für den gesamten nordwestlichen Teil des Herzogtums von Nowgorod Watland, und alle verwandten Völker dort wurden Woten gerufen. Der Name Watland ~ Watlandia verbreitete sich nach Westen via Alt-Livland. Der Ausdruck Pagani Watlandiae (die Heiden Watlands) taucht in römisch-katholischen Schreiben des 12.-13. Jhs. auf. Sie wurden ebenfalls erwähnt von Papst Alexander III in seiner päpstlichen Bulle an den Bischof von Uppsala (von 1181 bis 1195) und von Gregor IX an den Erzbischof von Uppsala und den Bischof von Linköping (1230). Das Auftauchen der Woten in schriftlichen Aufzeichnungen ist unmittelbar mit den Interessen fremder Mächte an wotischen Ländern verknüpft.

Heimat. 
Das alte Watland umfasste hauptsächlich das nördliche und westliche Ingria. Bis etwa um das Jahr 1200 hatten sich die Woten vom Fluss Narva im Westen bis zum Fluss Inger (Ischora auf Russisch) im Osten, und vom Golf von Finnland im Norden bis hin zur gegenwärtigen Stadt Oudova (Gdow) im Süden verbreitet. 1848 wurden 37 wotische Dörfer erfasst; 1942 gab es 23. Momentan leben die Woten noch in fünf Dörfern des Bezirks Kingissepp des Gebiets von Sanct-Petersbourg: in Kukkusi (Kurowitzy), Rajo (Meschnjaki), Jõgõperä (Krakolje), Liivchülä (Peski) und Luuditsa (Luschitzy). Die letzten vier bilden die Vaipool-Gruppe der Dörfer. Einige Woten leben im Herkunftsdorf nur während des Sommers und verbringen die Winter in den Städten (Kingissepp, Sanct-Petersbourg, Narva).

Bevölkerung. 
Die schnelle und unwiederbringlich Verminderung der wotischen Menschen kann von der Mitte des 19. Jahrhunderts an verfolgt werden, seitdem die ersten Daten über sie vorhanden sind.

1848     5148 (P. von Koeppen)
1917     ca 1000 (Gesamt-russische landwirtschaftliche Zählung)
1926     705 (Zählung)
1942     ca 400 (P. Ariste 300 - 400, G. Ränk 400 - 500)
1959     ca 50 (P. Ariste: Muttersprachler ca 70 %)
1982     66 (H. Heinsoo, J. Viikberg)
1989     62 (H. Heinsoo: Muttersprachler ca 50 %).

Die Woten sind nie ein sehr zahlreiches Volk gewesen, dennoch haben sie Kriege, Hunger und Seuchen überlebt, sowie Verluste durch Assimilation (Estisierung, aber in einem weit größeren Umfang Russifizierung). Der größte Wendepunkt scheint in der Mitte des 19. Jahrhunderts gewesen zu sein. Bemerkenswert ist die Tatsache dass, während die Zahl von Kareliern, Inkeris und Weps sich beträchtlich erhöhte, die Zahl der Woten sich mehr als um das Fünffache verringerte. Ab 1939 wurden die Woten nicht mehr in den Zählungen erfasst, und jegliche Daten über sie stammen von Einzelforschern.

Anthropologisch gesehen gehören die Woten dem ost-baltischen Typus an. Im Allgemeinen haben sie helles Haar und blaue Augen. Im Aussehen unterscheiden sich sie nicht von den Inkeris oder den Finnen. Mit ihrer offeneren Veranlagung und ihrem lebhafteren Reden ähneln sie den Esten.

Die wotische Sprache gehört der südlichen Gruppe der baltisch-finnischen Sprachen an und ist am nähesten verwandt der estischen Sprache. Es können westliche und östliche (die Hauptdialekte) Kukkusi und Kreevin-Dialekte unterschieden werden. Der westliche Dialekt wird auch in den Vaipool-Dörfern und der Kukkusi-Dialekt - Inkeri beeinflusste die wotische Sprache - im Dorf Kukkusi gesprochen. Der Kreevin-Dialekt, eine wotische linguistische Enklave in Lettland, war bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts in Kurland bereits ausgestorben, und die letzten Sprecher des östlichen Dialekts starben in Itchäpäivä (Itzepino) in den Sechziger Jahren weg.

Linguistische Kontakte mit einigen benachbarten Völkern waren vermutlich Stabilisationsfaktoren zur Überlebenshilfe der wotischen Sprache. In der russischen Machtsphäre aufgesaugt zu werden, konnte totalen Bilingualismus bedeutet haben und infolgedessen totale Assimilation, jedoch muss der wotisch-russische Bilingualismus nie universell gewesen sein, andernfalls wären die Woten nicht in der Lage gewesen bis zum heutigen Tage durchzuhalten. Es gibt, zum Beispiel, eine Aufzeichnung von 1544, dass die Russen von Jaanilinn (Ivangorod) Nichtdeutsch besser sprächen als Russisch, doch tatsächlich waren es russische Woten. Laut D. Tzwetkow sprachen 1850 ungefähr 50 % der Woten Russisch, und Kirchenslawisch (d.h. der Gottesdienst) konnte von ungefähr 10 % verstanden werden. Mehrsprachigkeit eher als Bilingualismus war charakteristisch für die Woten. Es gibt keine unüberwindliche Sperre, die das Verstehen zwischen den verwandten Sprachen (Wotisch, Inkerisch, Finnisch, Estisch) verhindert; zusätzlich verstanden sie auch noch Russisch.

Geschichte. 
Die Woten sind die ältesten Menschen in Ingria, wie in den literarischen Aufzeichnungen erwähnt. Sie kristallisierten sich während des ersten Jahrtausends von den nördlichen Esten heraus, die an der westlichen Seite des Flusses Narva und des Peipus-Sees (Peipsi) geblieben waren. Sie hielten ihre Kontakte mit Ost- und Nordost-Estland aufrecht, was zumindest durch die Kodavere und Lüganuse-Jõhvi-Dialekte im Estischen bezeugt wird. Die vergleichsweise kleinen wotischen Stämme bildeten entweder eine vollständige Nation oder eine separate Verwaltungseinheit. Ihr Land lag nahe an den Haupthandelsrouten vom Osten nach Westen. Die frühesten archäologischen Funde stammen vom Ischorian Plateau zwischen Kingissepp und Gatschina (4.–7. Jh.).

In der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends gelangten die ostslawischen Stämme in das Land der Woten. Die Gründung Nowgorods (früheste Daten von 859) bedeutete einen Standort für die ausländische Macht und Tribute von den Woten. Seit 1069 gibt es Informationen betreffend einen Versuch, sich von der Tributabgabe zu befreien, als die Woten zusammen mit der Armee Wseslaws, des Großfürsten von Polotsk, Nowgorod angriffen. Sie wurden besiegt.
Später als die Herrschaft von Nowgorods Feudalrepublik (1136 – 1478) expandierte, nahm ihre Abhängigkeit noch zu. Trotz der Tatsache, dass zuerst die Sprache im Nowgorod Wetsche (allgemeine Volksversammlung) "Tshud" war, neigte die militärische und politische Vormacht mehr und mehr dazu, Russisch zu propagieren. 1149 nahmen die Woten an einer Kampagne von Nowgorod gegen die Häme-Leute in Finnland teil. Vermutlich nahmen sie auch an anderen militärischen Kampagnen von Nowgorod teil, wie den Schlachten gegen die Schweden 1240 und 1248, und gegen die teutonischen Ritter 1241, 1242 und 1269. Von 1270 an tauchten die Woten und Inkeris in den Aufzeichnungen über die Zusammensetzung der Nowgoroder Streitkräfte auf
.

Dennoch gab es dort andere Ausländer, die Ingria begehrten. Für lange Zeit standen die Russen in bewaffnetem Konflikt mit Schweden. Frieden gab es erst mit dem Vertrag von Pähkinäsaari (Oreschek) 1323, der die Gebiete beider Länder festlegte. 1240 gründeten die Deutschen die Festung Kaprio (Koporje) und führten zwischen 1444 und 1447 einige Kampagnen durch. Sie gewannen keine starke Stellung. Wer litt, wer durch die Ambitionen der fremden Mächte weggefegt wurde, das war die lokale Bevölkerung. Als 1241 Nowgorod Kaprio einnahm, wurden Woten und Tshuden (nordwestliche Woten) für ihre Kollaboration mit den Deutschen gehängt. In den 1440er Jahren verbannte der Ritter Heidenreich Vinke von Overberg wotische Krieggefangene nach Kurland. In Lettland nannte man sie Krieviņi (krieviņð 'einRusse'. Der Kreevin-Dialekt war noch 1846 lebendig, erfasst durch den Akademiker A. Sjögren.

Die Rolle der Woten im Herzogtum von Nowgorod scheint bedeutend gewesen zu sein. Es gab eine Tschudische Straße in der Stadt und eine Wotische Straße führte nach Norden. Die Stadt wurde in fünf "Enden" geteilt, und eines von diesen scheint wotisch gewesen zu sein, auf der Route zum Land der Woten. Es gab ein hanseatisches Handelsbüro in Nowgorod und lebhafte kommerzielle Beziehungen zu östlichen wie westlichen Kaufleute wurden aufrechterhalten. Es scheint, die Verwaltung mischte sich in das Leben ihrer Leute nicht allzu viel ein, und allmählich gaben sich die Woten mit der Vormachtstellung Nowgorods in ihrem Land zufrieden. Der Status der Slawischen Macht verlieh ihrer Sprache Anziehungskraft, zuerst für die wotischen Adligen und dann, später, für alle prominenten Personen. Die Verbreitung der russischen Sprache hatte begonnen.

1478 zerstörte das Großherzogtum Moskau Nowgorod. Das eroberte Herzogtum wurde in fünf Teile geteilt, von denen der nördliche das Wotische Fünftel genannt wurde (Wodskaja Pjatina). Seine Grenze verlief im Westen längs des Flusses Lauga (Luga) zur Bucht von Narva und im Osten entlang dem Fluss Olchava (Wolchow) zum Ladogasee. Die Woten litten unter Moskaus Bedürfnis, als vorherrschaftlich betrachtet zu werden. 1484 und 1488 wurden viele Woten nach Zentralrussland verbannt und stattdessen holte man russische Kolonisten zurück. Gleichzeitig widmete man der Verbreitung des orthodoxen Glaubens große Aufmerksamkeit, da dieses feste Unterstützung für die Behörden bereit stellte, sowie dem vollständigen Prozess der Russifizierung. Für die Woten hatte der Einfluss von Nowgorod, außer Steuern und Verpflichtung als Vasallen, auch eine Annahme der griechisch-orthodoxen Religion bedeutet. Für die Missionarsarbeit der orthodoxen Kirche wurden die Jaama (Jamburg)-Kirche und das Kloster 1348 gegründet. Nichtsdestotrotz beklagten noch im 16. Jahrhundert (1534 und 1548) die Erzbischöfe von Nowgorod, Makarius und Feodosius, dass die Woten verhärtete Heiden wären. Das Großherzogtum von Moskau nahm die Christianisierung (d.h., das Land zu sichern) sehr ernst. Ilia der Mönch und ein späterer Missionar, Nikifor, arbeiteten stark (Massentaufen, Zerstörung von heiligen Waldungen und Opferorten der Heiden), um die Woten zu guten Christen zu machen. Um diese Zeit herum gerieten wotische ethnische Vornamen außer Gebrauch. Russische christliche Namen, erteilt durch die orthodoxe Kirche, und in einer angepassten Form verwendet, wurden die Norm.
Unter den Bedingungen des Stolbowo Friedensvertrags 1617 wurde Ingria (Ingermanland) dem schwedischen Staat als Territorium zuerkannt. Die Schweden suchten auch, die Religion zu benutzen und verbreiteten das Luthertum, um die neuen Gebiete fester an Schweden zu binden. Jedoch flüchtete ein Teil der Woten über die Grenze zur russischen Seite. Freie Gefilde wurden mit Bauern gefüllt, die aus Südost-Finnland geholt wurden. Der Unterschied bezüglich der Religion blieb erhalten – Ingermanländer sind Protestanten, während die Woten und die Inkeris orthodox blieben. Eine Menge Legenden und Volkserzählungen sind während der Zeit der schwedischen Herrschaft entstanden (Geschichten von schwedischen Schätzen, Gräbern, der Rückkehr der Schweden). Vermutlich bedeutete diese Periode den Woten weit mehr als nur ein miserables Leben mit religiöser Unterdrückung
.

Als Ingermanland, Resultat des großen Nordischen Krieges, wieder ein Teil von Russland wurde (de facto – 1703, de jure – 1721), bedeutete die Nähe der neuen Hauptstadt Sanct-Petersbourg, dass ein Teil von Ingermanland als Besitz an Höflinge und Günstlinge verteilt wurde. Von den wotischen Gegenden besaß der Hof den westlichen Teil von Jõgõperä (kuninkaa varta).

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich die Situation so entwickelt, dass die Woten anfingen, russische Lieder und russischen Kleidungsstil zu bevorzugen. Bewegungsfreiheit förderte die Verbreitung der russischen Sprache, während Ausbildung und kulturelles Leben (besonders in Zusammenhang mit Sanct-Petersbourg) den Status des Russischen erhöhten. Der entscheidendste Faktor in diesem Prozess war die russisch-orthodoxe Kirche, die, trotz der unterschiedlichen Nationalitäten, die Leute der einen Kirche vereinigte und ihren Lebensstil und ihre Gewohnheiten beeinflusste. Die Sprache blieb die einzige Spaltung – bis die Woten sie überwandten. In den zwanziger Jahren war es bereits schwierig, einen Woten von einem Russen zu unterscheiden. In den dreißiger Jahren war ein Punkt erreicht worden, wo junge Leute nicht mehr wotisch sprechen konnten.

Das Sowjetregime änderte das ganze Leben der Woten. Die fleißigen Landwirte wurden deportiert, um andere zu zwingen, ihren Besitz aufzugeben und sich Kolchosbauernhöfen anzuschließen. Physische Gewalt wurde mit sozialer Ungerechtigkeit (städtische Arbeiter und Städte genossene Privilegien) sowie mit religiöser und nationalistischer Verfolgung kombiniert. Heimische Handwerke waren verboten, und ebenso, ein privates Boot zu besitzen. Um die verschiedenen Formen des Protestes zu unterdrücken, wurden viele Leute als sogenannte "Volksfeinde" etikettiert. Ein Wote zum Beispiel konnte aus seiner Heimat verbannt werden, dafür dass er sich nicht als Russe registrieren ließ.

Während des Zweiten Weltkrieges war Ingermanland ein Schauplatz des Krieges. Als die Deutschen sich zurückzogen, wurden einige baltisch-finnische Leute als Flüchtlinge nach Finnland gebracht. Das widerfuhr den meisten Woten. Nach dem Waffenstillstand mit Finnland forderte Russland sie alle zurück. Die sowjetischen Beauftragten beschwatzten sie mit Gesprächen über ihr Heimatland und die Gräber ihrer Vorfahren, und dann drohten sie, sie mit Zwang zurückzuholen. Während es einigen Woten gelang, nach Schweden zu entkommen, einigen nach Estland, wurden die Zurückkehrenden über alle sowjetischen Provinzen zerstreut, so weit bis nach Zentralasien.

Nach Stalins Tod wurden zahlreiche Petitionen nach Moskau gesendet und deshalb wurde, von 1956 an, einer gewissen Anzahl von Woten gestattet, zu ihren Häusern zurückzukehren. Ihre Häuser jedoch waren bereits von den Fremden besetzt. Die meisten Russen, die jetzt in den alten wotischen Dörfern leben, wissen nicht einmal, wer die Woten sind, oder wo sie leben.

Ethnische Kultur. 
Die Woten sind ein altes Bauern- und Hirtenvolk. Die Bewohner von Vaipool waren auch Fischer und Seeleute. Handel und Handwerk waren ein wesentlicher Bestandteil des wotischen Lebens. Jedes Dorf hatte seinen (Huf-)Schmied und Schuster; Holzgefäße wurden in Valkovitsa, Töpferware in Mati angefertigt. Viel ist über wotische Waldarbeit geschrieben worden, über Birkenrindenarbeit, Transportarbeit, die Herstellung von Birkenteer, Holzkohle-, Teer- und Kalk-Brennen, usw. Russische Hausierer und mobile Handwerker kamen ebenfalls durch wotische Dörfer (z.B. Gerber, Schneider, Tischler). Städte boten den Woten mehr Gelegenheiten. Leute konnten in Narva oder Sanct-Petersbourg ein Gewerbe erlernen (z.B. in einer Marineschule, in einer Handwerkerwerkstatt), und in den Städten machten sie Geschäfte, schlossen Händel, suchten Arbeit (die Frauen als Hausangestellte oder Krankenschwestern).

Die alte Volkskultur bildete das Rückgrad der wotischen Identität. Es muss betont werden, dass der fundamentale Teil der Sprache, das Handwerk und den Handel betreffend, Baltisch-Finnisch ist. Trotz der aggressiven Ausländereinflüsse (besonders des Russischen), hat ein stark wotischer Wortschatz in allen Bereichen des Lebens überwogen. Das Universum eines friedlichen Landwirts wird im wotischen Volkskalender reflektiert.

Schrift. 
Die Woten haben nie eine eigene Schriftsprache oder Ausbildung oder Literatur besessen. In den dreißiger Jahren waren die Woten die einzige Minorität im nordwestlichen Russland, für die keine Schriftsprache geschaffen wurde. Die Bestrebungen eines wotischen Intellektuellen, Dimitri Tzvetkov, in den zwanziger Jahren in Estland, blieben ebenfalls erfolglos.

Es gibt eine reiche Auswahl gesammelten Materials, betreffend Ethnologie und Folklore der Woten. Ein Minister aus Narva, Fr. L. Trefurt, entdeckte die wotische Folklore 1783 für die Akademie. Die ersten schriftlichen Exzerpte wurden in einem komparativen Wörterbuch von P. S. Pallas Linguarum totius orbis vocabularia comparativa (1787 –1789) veröffentlicht. Wotische Grammatiken verfassten A. Ahlquist (Wotisk Grammatik, 1856) und P. Ariste (Vadja keele grammatika, 1948; Grammatik der wotischen Sprache, 1968). Sammlungen wotischer Texte wurden von L. Kettunen und von L. Posti, J. Mägiste, O. A. Mustonen, E. Adler und besonders P. Ariste publiziert. Ein Wörterbuch des Kukkusi Dialekts, übersetzt von L. Posti und S. Suhonen, kam 1980 heraus, und ein erster Band eines akademischen Wörterbuches des Wotischen 1990 in Tallinn. Die umfangreichste Sammlung der wotischen Sprache und Folklore als Manuskript (5269 Seiten) trug P. Ariste zusammen.

Als ein Resultat der Russifizierung und der physischen Vernichtung, sprechen ein großer Teil der Nachkriegsautochthonen von Ingermanland ihre Muttersprachen nicht mehr. Andererseits haben die ethnisch-russischen Neuankömmlinge, die jetzt in den alten ingrischen Dörfern wohnen, keine Ahnung vom Land ihres gegenwärtigen Lebensraums, noch davon, wer die Inkeris und Woten sind. Gewöhnlich werden die letzten als finnische Kolonisten angesehen, aber freundschaftlich behandelt werden können solche Kolonisten nicht, dem russischen Charakter  entsprechend.

Eine bemerkenswertes Sortiment an Volkspoesie, besonders an Volksliedern, sind in Ingermanland gesammelt worden. In einer finnischen Anthologie von Volksliedern Suomen Kansan Vanhat Runot, welche 1915-1931 veröffentlicht wurde, gibt es 9 Bände (6500 Seiten) ingrische Lieder.

Finnen  

Die Selbstbezeichnungen sind inkeriläinen und inkerin suomalainen 'der Ingrian, der ingrische Finne' und ihre Sprache nennen sie suomen kieli "Finnisch". Die Selbstbezeichnung inkerin suomalaiset "ingrische Finnen" begann sich im 19. Jahrhundert zu verbreiten, als sich unter dem Einfluss des Luthertums und des Schulunterrichts auf Finnisch ein Gefühl der Einheit mit dem Finnen von Finnland entwickelte.

Heimat.  
Ingermanland ist der Abkömmling von dem alten Ingria im Gebiet des Golfs von Finnland, des Flussbeckens der Neva und des Ladogasees, welches nach den Schlachten während der Jahre 1570/1595 und 1610/1617 eine schwedische Provinz wurde (in Schwedisch: Ingermanland). Es umfasste die Kreise Jaanilinna (Ivangorod), Jaama (Jamburg), Kaprio (Koporje) und Pähkinälinna (Oreschek), alles zusammen grob gerechnet 15000 km². Das Gebiet von Ingermanland erstreckte sich vom Fluss Narva im Westen über 200 km bis zum Fluss Lava im Osten, und in Nord-Süd-Richtung 130 km. Ab 1710 war Ingermanland Teil vom Gouvernement Sanct-Petersbourg, ab 1914 - vom Gouvernement Petrograd und ab 1927 vom Gebiet Leningrad
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Bevölkerung.
Anfangs hing die Zahl ingrischer Finnen von der Einwanderung ab, später jedoch weniger. Nach den Friedensverträgen von Stolbowo und von Kärde (1617, 1661) zogen finnische Landarbeiter, hauptsächlich aus den Regionen von Savo und Vyborg (Viipuri), nach Nord- und Zentral-Ingermanland. Sie verursachten durchaus eine schnelle Bevölkerungszunahme: 1656 war der Prozentsatz von Finnen in der Bevölkerung von Ingermanland 41.1 %, 1671 betrug er 56.9 % und war 73.8 % im Jahr 1695. Die neu angekommenen Finnen hatten größten Teils Zugehörigkeit zu 11 Gemeinden von vorhandenen 24.
Statistiken, die Ingrier betreffend, bestehen seit Mitte des 19. Jhs.:

1848     76069 (P. von Koeppen)
1865     72273 aus den Gemeinderegistern (+ 13,480 in Sanct-Petersbourg)
1897     130413 (Zählung)
1917     126240 aus den Gemeinderegistern (+ 15,502 in Sanct-Petersbourg)
1926     114831 census (as well as the subsequent one)
1939     ?
1959     23193
1970     ?
1979     16239 (51,9 % Muttersprachler)
1989    ?


1848 unterschied P. von Koeppen drei Gruppen der ingrischen Finnen: savakot von Savo (43080), äyrämöiset von Äyräpää in der Vyborg-Region (29243) und suomenmaakkoiset von anders woher in Finnland (3746). Später fielen diese Gruppen unter den allgemeinen Oberbegriff ingrische Finnen. Aufzeichnungen für 1917 zeigen, dass sie in 761 finnischen Dörfern und in 235 gemischten Dörfern lebten. Ab 1939 hörten die Zählungen auf, die ingrischen Finnen gesondert zu betrachten.
 
Ingrische Finnen leben auch in Archangelsk, in Estland, in Komi, in Sibirien und anderswo.

Von 77079 Finnen, die 1919 in der Sowjet-Union lebten, wohnten 20099 in Karelien (wovon die Muttersprachler dort 49.8 % ausmachten), 16239 in der Leningrad Region (die Muttersprachler waren hier 37.1 %). Laut den Vorstatistiken der Zählung von 1989, lebten etwa 67000 Finnen in der Sowjet-Union, von denen 34.6 % ihre Muttersprache beherrschten.

Die Finnen des Leningrader Gebiets leben hauptsächlich in den Gatschina-, Lomonosow- (Oranienbaum-) und Wsewoloschsk- (Keltto-) Bezirken. Die Zahl von Finnen im Bereich von Sanct-Petersbourg und seiner Peripherie wurde auf 7000/8000 geschätzt.

Anthropologisch gehören die ingrischen Finnen dem ost-baltischen Typus an. Sie haben dominante europäische Eigenschaften. Die ingrischen Finnen haben im Allgemeinen helles Haar und blaue Augen. Sie sind ein wenig kleiner und im Vergleich zu ihren Nachbarn, den Esten, stämmiger.

Sprache. 
Die Sprache der ingrischen Finnen ist keine vereinzelte Sprache sondern gehört zu den ostfinnischen Dialekten (den Mundarten des Savo und den südöstlichen Dialekten von Ingermanland). Inkerisch und Karelisch sind die nächstverwandten Sprachen zu den ostfinnischen Dialekten.

Geschichte.  
Entsprechend den Friedensverträgen von Pähkinäsaari (Oreschek) und Tartu von 1323 und 1351 kamen durch die Grenze auf dem Karelischen Isthmus die Woten und Inkeris auf die russische orthodoxe Seite von Nowgorod. Nach dem Friedensvertrag von Stolbowo 1617 wurde Ingermanland als Gebiet von Schweden betrachtet. Nur Adligen, Mönchen und Bürgern wurde in Übereinstimmung mit dem Friedensvertrag erlaubt, nach Russland zu reisen.

Nachdem der russische Zar Peter Romanow Ingermanland für das russischen Reich annektiert hatte, wurde 1712 ein Dekret angenommen, dass Land für die neuen russischen Siedler zur Verfügung gestellt werden sollte. So entstanden allmählich russische Dörfer.

Die Grenze auf dem Karelischen Isthmus, der auf den Pähkinäsaari Friedensvertrag zurückging, kennzeichnete die Grenze zwischen politischer Macht, Religion und Sprachgebieten. Zuerst trennte die Grenze zwischen Schweden und Nowgorod die Inkeris von den Ostfinnen und den Kareliern, aber die Grenze von Schweden und Russland trennte nach dem großen Nordischen Krieg die ingrischen Finnen von den anderen Ostfinnen.

Bis Mitte des 19. Jhs. waren die Woten und Inkeris bereits fest in die Kultursphäre der Russen gerutscht, dies war jedoch nicht der Fall mit dem ingrischen Finnen. Die Unterdrückung durch russische Sprache und Milieu wurde durch das Luthertum und die Nähe ihres Mutterlandes Finnland (als Großherzogtum unter der Herrschaft von Russland von 1809-1917) neutralisiert.

Da war nur das sowjetisch-kommunistische Regime, welches die Aufgabe anging, die ingrischen Finnen sowohl moralisch wie auch physisch auszulöschen. Zuerst wurden den Finnen des Gebiets Petrograd beträchtliche Rechte versprochen, und neue Hoffnungen wurden entfacht. Die pädagogischen Bedingungen verbesserten sich, und Finnisch fand im kulturellen Leben breitere Verwendung; 1928 entstand der nationale Bezirk Kuivaisi (Toksova) in Nordingria und die Region Leningrad hatte 54 nationale Dorfgemeinderäte bis zum Jahr 1936.

Die Gewalt begann 1928 mit Zwangskollektivierung. Etwa 18000 Personen wurden von Nordingria nach Ostkarelien, Zentralasien und anderswohin verbannt, um andere dadurch zu erschrecken und sie dazu zu bewegen, die Kollektivbauernhöfe zu akzeptieren. Weitere 7000 wurden 1935 an den Ural und an die Küste des kaspischen Meeres verbannt und 1936 schickte man 20000 nach Sibirien und Zentralasien. Vier Gemeinden Nordingrias wurden komplett von Finnen geleert, welches ein wahrscheinlicher Faktor in der Spannung war, die zum Finnisch-Russischen Krieg führte. Alle Kirchen und religiösen Gemeinschaften wurden bis 1932 geschlossen und alle ingrisch-finnischen kulturellen und sozialen Tätigkeiten bis 1937 gestoppt. Den nationalen Bezirk von Kuivaisi (Toksova) liquidierte man 1939. Bis 1929 sind wenigstens 13000 Finnen ermordet worden und 37000 litten in Russland.

Ingermanland litt auch während des Zweiten Weltkrieges. 1942, während der Blockade von Leningrad, wurden 25000 bis 30000 Finnen nach Sibirien verbannt. Diejenigen, die während des Krieges nach Finnland evakuiert worden waren, verfrachtete man nach Russland, als sie nach dem Krieg durch die sowjetischen Behörden von Finnland zurückgefordert wurden.

Bis zum Jahr 1943 waren nur noch 4000 Finnen in Ingermanland übrig. Alle andere waren entweder wiederangesiedelt, verbannt, zerstreut worden oder sie waren geflohen. Erst 1956 wurde den Ingrier endlich erlaubt, in ihr Heimatland zurückzukehren. Ca. 25000 ingrische Finnen leben gegenwärtig in Sanct-Petersbourg und in seinen VerwaltungsBezirken. Die finnische Kirche funktioniert in Puschkin (Zarskoe Selo) seit 1977, während die ingrische Kultur-Gesellschaft in Estland seit 1989 erlaubt ist.

Kultur.  
Dank des Luthertums war die Ausbildung der ingrischen Finnen immer gut. Es gibt Aufzeichnungen über eine Schule in Nyen (Nevanlinna), die 1632 von Baron J. Skytte gegründet wurde, und ab 1643 besaß jede Kreisstadt (Jaama, Jaanilinna, Kaprio, Pähkinälinna) ihre eigene Schule. Tests bezüglich Lesefähigkeit und Sonntagsschulen für Kinder existierten bereits während der schwedischen Periode und bestanden später während der russischen Herrschaft weiter.

1785 wurde die erste Primärschule im Dorf Kolppana eröffnet, aber das kulturelle Leben geriet erst im 19. Jhd. in Schwung. Die russische Annexion von Finnland (1809) und die Aufhebung der Leibeigenschaft (1861) waren von spezieller Wichtigkeit für Ingermanland, da die Befreiung der Bauern radikale Änderungen mit sich brachte. Chöre und Gesellschaften wurden gegründet. Um die pädagogischen Standards zu verbessern, wurde 1863 ein theologisches Seminar in Kolppana eröffnet, wo Gemeindesekretäre und Lehrer ausgebildet wurden. 1870 begann man (kurzlebig) eine Zeitung, Pietarin Sanomat, herauszugeben. 1871 erschien der erste Kalender Pietarin kalenteri suomalainen. Doch wie auch anderswo waren die letzten Jahrzehnte des Jahrhunderts zugleich eine Periode der Russifizierung von Ingermanland.
Dessen ungeachtet fand 1899 das erste ingrische Liederfestival in Skuoritsa statt, 1913 das 6. Festival in Kolppana. In Ergänzung zur christlichen Ausbildung konnten die Leute auch den Geist der nationalen Identität erhärten. Es wurden sogar günstigere Möglichkeiten für kulturelle Aktivitäten, unterstützt durch das finnische Mutterland, nach der Revolution von 1905 erlangt.

1920 versprach man den ingrischen Finnen vorteilhaftere Bedingungen für die Förderung ihrer nationalen Kultur. Die Schulausbildung in Mundart wurde fortgesetzt (1918 waren es 314 Schulen), die finnische Sprache wurde in den Büros, Radioprogrammen und anderswo verwendet. Zwei Tagesblätter und acht weitere Zeitungen erschienen. Verleger aus Kirja schafften es, während der Zeit von 1927-37 eine Zahl von 768 Büchern (Lehrbüchern, Wörterbüchern, Prosa) in Leningrad und Petroskoi zu publizieren. Jedoch wurde dieses strikt separat von Finnland gemacht und sogar mit dem Ziel, ein Gegengewicht zu setzen. 1937, nachdem gerade die gesamte Zerstreuung der Ingrier vorangegangen war, wurden alle finnischen Schulen russifiziert, die meisten Intellektuellen ermordet und das kulturelle Leben der ingrischen Finnen vollständig ausgelöscht.

Schließlich, dank der Wiederbelebung der nationalen Aktivitäten, ist in Estland seit 1989 ein Informationsblättchen, Inkeri, erschienen, herausgegeben von der Ingrischen Gesellschaft.

In den Jahren der "Perestroika" ist die Ingrische Vereinigung (Inkerin Liitto) eingerichtet worden, die alle Ingrier, d.h. die Finnen, die Inkeris und die Woten vereinigt.